Stylewriting

 

Anfang der 90er Jahre entdeckte ich meine Leidenschaft für Graffiti-Kunst. Mein Hauptaugenmerk richtete sich hierbei besonders auf das Stylewriting, welches bereits Mitte der 70er Jahre in den Ghettos von New York – genauer aus den Stadtteilen Brooklyn und der Bronx – als Teil der Hip-Hop Bewegung entstand und sich von dort aus den Weg in alle Ecken der Welt bahnte. Ich begann alles, was nur annähernd mit dem Thema Graffiti zu tun hatte zu sammeln und aufzusaugen, nahm weite Wege auf mich um neue Graffiti zu entdecken oder anderen Künstlern beim Sprühen zuzuschauen, denn das Internet sowie Workshops in Jugendzentren gab es in der heutigen Form noch nicht.

Was zu Beginn für einen nicht lange anhaltenden „Trend“ gehalten wurde ist heute präsenter denn je: Noch immer entstehen großformatige Graffiti auf tristen Betonwänden oder Zugwagons. Besonders in größeren Metropolen scheint es ein intensives Bedürfnis nach dieser Ausdrucksform zu geben. Viele Städte haben dies folgerichtig erkannt und stellen Flächen zur freien Gestaltung zur Verfügung.

Die Werbeindustrie nutzt den Mehrwert der bunten Schriftzüge und verwendet diese unlängst, um ihren Markennamen zum nötigen Antlitz zu verhelfen und dessen Eigenschaften zum Kunden in nur einem Augenblick zu vermitteln. Wir begegnen diesen Schriftzügen breit gestreut in allen Medien auf Cornflakesverpackungen, in Computerspielen, auf Werbeplakaten und Internetseiten. Sie alle folgen mit ihren Outlines, 3-D-Effekten, Schatten und Glanzlichtern im Grunde den Regeln des Stylewritings.

Graffiti-Kunst besitzt aber auch im pädagogischen sowie im therapeutischen Einsatz vielseitige Fähigkeiten: Im Stylewriting werden Buchstaben als Pseudonym mit Symbolbezug zur eigenen Person (oder Gruppe) des Schaffenden in einem stetigen Prozess weiterentwickelt. Dies dient mit einem hohen Maß an Authentizität in der individuellen Entwicklung und Förderung, indem der innere Dialog stetig reflektiert, überprüft und korrigiert werden kann. Ohne Weiteres können hierin pädagogische Inhalte, wie beispielsweise das Training Sozialer Kompetenz sowie die Vermittlung gestalterischer Grundsätze (z.B. Farbenlehre) integriert und vermittelt werden.

Aus künstlerischer Sicht ergibt sich somit ein unerschöpfliches Potential an Entfaltungsvariationen.